Norwegische Ciderkategorien

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NORWEGISCHE CIDERKATEGORIEN

Was sind die häufigsten Ciderkategorien in Norwegen? Und welches Essen kann man zusammen mit ihnen servieren? Wir haben uns mit dem Sommelier Ove Svendsen unterhalten. Ove Svendsen teilt den norwegischen Cider in 8 Kategorien auf. Hier teilt er seine Tipps, welche Gerichte man zum Cider servieren kann.

Viele Sorten

Es gibt eine weite Bandbreite an Ciderkategorien weltweit. In internationalen Wettbewerben, wie zum Beispiel in den World Cider Awards, kann man mit seinem Cider in ganzen 11 verschiedenen Kategorien antreten, wobei viele Kategorien auch noch eigene Unterkategorien haben. In Norwegen gibt es keine regulativen Bestimmungen dafür welchen Cider man herstellen kann bzw. sollte, außer für den Hardangercider. Seit 2009 existiert die Bezeichnung „Sider frå Hardanger“, sie reguliert unter anderem aus welcher Region die Äpfel sein sollen, sowie den Süßegrad und den Alkoholprozent. Man kann natürlich jeden Cider, den man möchte produzieren, auch wenn man in der Hardangerregion wohnt, aber wenn man seine Flaschen mit dem geschützten Gütesiegel „Sider frå Hardanger“ merken möchte, muss man sich selbstverständlich an die Regeln halten.

Natürlicher Cider

Genauso wie es Naturwein gibt, haben nun auch mehrere norwegische Produzenten angefangen, einen so genannten „natürlichen“ Cider herzustellen. Leider existiert keine genauere Bezeichnung für diese Ciderkategorie.

„Natürlich“, beschreibt den Cider genauso wie den Wein sehr unspezifisch. Gibt es denn zum Beispiel einen „unnatürlichen“ Cider?

Die Produzenten möchten diese Kategorie eigentlich „spontangegorener Cider“ nennen. Im Grunde ist diese Bezeichnung mehr exakt, aber auch traditioneller Cider wird spontangegoren, also ist die Bezeichnung doch wieder ungenau. Trotz allem hat der „natürlich“ hergestellte Cider eine Trockenheit und aromatische Besonderheiten, die man so nicht bei traditionell hergestellten Cider findet. 

Eine Gemeinsamkeit für alle natürlich hergestellten Cider ist, dass nichts hinzugefügt wird. Kein Zucker, keine fremden Hefekulturen oder andere Prozesse, die den ursprünglichen Charakter des Ciders verändern würden. Diese „Null-Zusatzhaltung“ bedeutet auch, dass man keine Präparate nutzt, um eventuell entgleiste Gärungsaromen zu justieren. 

Ein solcher Cider ohne Zusatz ist selbstverständlich sehr trocken, da man kein Zucker zusetzt oder den Saft vor der Gärung mit irgendetwas anderem versetzt. Er hat demnach keine Süße auf deren Hilfe man bei der Speisekombination aufbauen kann. 

Dafür kann er sehr komplexe Geschmäcker (umami) im Mund auslösen, zum einen nach Hefepilzen und da er sehr selten filtriert oder umgefüllt wird, auch nach Bodensatz. 

Cider aus Hardanger

Die Ciderkategorie aus Hardanger wird normalerweise aus Tafeläpfeln hergestellt. Das sind Apfelsorten wie Aroma, Discovery und beispielsweise Gravensteiner. Apfelsorten, die viel Frische und Säure enthalten, aber relativ wenig Gerbstoffe. Das Gegenteil zu diesen Apfelsorten sind die eigenen Cideräpfel, welche vor allem in Großbritannien und Frankreich angebaut werden, aber auch in kleineren Mengen in den Regionen Hardanger und Sogn. 

Normalerweise liegt der Cider aus Hardanger bei einem Zuckerwert von circa 20 Gramm per Liter (gr./l.) mit ca. 6,5% Alkoholgehalt. Er ist säuerlich und frisch mit einer geringen Herbe. Er ist meistens sehr aromatisch und kann zu fast allem genossen werden. 

Die geografische Bezeichnung „Sider frå Hardanger“ (Cider aus Hardanger) hat ein sehr tolerantes Regelwerk, daher kann man sehr unterschiedlich klassifizierte Cider unter dieser Bezeichnung finden. Ein klassifizierter Cider aus Hardanger kann beispielsweise einen Alkoholgehalt zwischen 3 und 12% haben und einen Restzuckerwert zwischen 0 und 80 Gramm pro Liter aufweisen, abhängig davon zu welcher Kategorie er gehört. 

Rosecider

Rosa Schaumwein ist trendy, und in Norwegen können wir uns glücklich schätzen eine riesige Menge an frischen, roten Beeren zu haben, die somit diese Ciderkategorie weitverbreitet und populär machen, speziell im Sommer. 

Rosecider ist oftmals moussierend und aus aromatischen und säuerlichen Tafeläpfeln hergestellt, mit einem kleinen Anteil an roten Beeren. Für gewöhnlich liegt der Süßegrad bei circa 20 Gramm Zucker pro Liter für einen Rosecider, was von Vorteil ist, da die Süße die Kohlensäure und den Säuregrad balanciert. 

Ein wenig Süße passt ausgezeichnet zu geschmacksreichem Essen. Und geschmacksreiche Speisen serviert man gerne am Anfang einer Mahlzeit als Kanapee oder im Sommer bei einem Gartenfest – frische Erdbeeren. 

Serviert zu Kanapee, geschmacksintensive Tapas oder zu frischen Beeren hat der Rosecider einen deutlichen Vorteil, nicht nur weil er Süße enthält, sondern auch weil die Kohlensäureperlen das Mundgefühl größer machen, was ein wichtiger Faktor dabei ist, geschmacksintensive Speisen zu balancieren.

Cider aus Cideräpfeln

Es wird gesagt, dass es die bitteren Cideräpfeln sind, die den „echten“ Cider geben. Ob das nun richtig ist oder nicht, kann man diskutieren, aber zweifelsfrei gibt es viele traditionelle Cider in Großbritannien und in Nord-Frankreich, welche ausschließlich aus diesen Apfelsorten produziert werden. 

Cider, hergestellt aus Ciderapfelsorten, kann die gleiche Spannbreite an Süße und Alkoholgehalt haben wie Cider aus Tafeläpfeln. Der größte Unterschied, wenn man die zwei Ciderkategorien miteinander vergleichen möchte, ist das Mundgefühl. 

Ein Cider, hergestellt aus traditionellen Cideräpfeln, hat mehr Struktur in der Mundhöhle als ein Cider aus Tafeläpfeln. Das ein Getränk oder eine Speise Struktur im Mund erzeugt, bedeutet, dass es Platz einnimmt. Pochierter Dorsch nimmt weit weniger Platz im Mund ein als gebratener Seeteufel. Lammfilet beansprucht weit weniger Platz als ein Rinderlendensteak. 

Cider aus Cideräpfeln werden normalerweise besser zu Speisen mit viel Struktur harmonisieren als Cider aus Tafeläpfeln. Die Gerbstoffe tragen dazu bei, die Frucht zu erhalten, wenn man zum Beispiel ein deftiges Fleischgericht zum Cider essen möchte. Damit die Gerbstoffe so wirken können, setzt natürlich eine gute Fruchtkonzentration voraus. 

Supermarktcider

Von den strukturiertesten zu den am wenigsten strukturierten. Cider, die im Supermarkt verkauft werden, haben eine wichtige Gemeinsamkeit – sie sind alle ein Resultat der Alkoholregulierungsgesetze in Norwegen, welches den Verkauf im Supermarkt von alkoholhaltigen Getränken über 4,7% verbietet. 

Alkohol spielt eine wichtige Rolle dabei wie viel „Platz“ ein Getränk im Mund einnimmt. Vor allem die Süße und die Fülle wird vom Alkohol beeinflusst. Das merkt man sofort, wenn man einen Portwein, Sherry oder einen gut gelagerten Gin oder Aquavit trinkt. 

Alkohol führt allen Getränken extra Reichtum zu. In reinen Spirituosen sorgt er für einen runderen Geschmack im Mund, wenn er gut handwerksmäßig produziert wurde, was zu einer milden Fülle im Abgang führt. 

Supermarktcider enthält wenig Alkohol und ist daher nicht wirklich füllig, wenn man die Restsüße außen vorlässt. Daher ist es klug Gerichte auszuwählen, die weder viel Struktur haben noch sehr geschmacksintensiv sind. 

Gute Beispiele für wenig geschmacksintensive Gerichte können sein: junger Kuhmilchkäse, roher Fisch und Schalentiere, oder gekochter oder junger geräucherter Schinken. 

Cider mit Zugaben

Über die unterschiedlichen Zusätze kann man ganz einfach sagen, dass alle das Aroma beeinflussen, aber nur wenige den Geschmack. 

Für den Geschmack oder das Mundgefühl spielen speziell zwei Phänomene eine wichtige Rolle. Beide beeinflussen die Struktur und das Mundgefühl im Cider. 

Man kann vielleicht glauben, dass das Eichenfass oder das Fass im Allgemeinen, nur das Aroma beeinflusst. Die Wahrheit ist aber, dass es vor allem den Geschmack verändert. Die Fasslagerung führt dem Cider Struktur zu und falls der Cider nicht genügend Konzentration enthält, so wird der Fruchtgeschmack im Mund von der Eiche dominiert.

Hopfen ist einer der Zusätze, der die gleichen Strukturelemente wie Eiche hinzufügt. Zu viel Hopfen, und die Frucht wird dominieren und nicht mehr die erste Geige spielen, wie sie eigentlich sollte. 

Zum Schluss noch die Zugabe von Beeren. Diejenigen, die die ganze Beere mit Stängel und Schale dem Cider hinzufügen, wollen mehr Struktur schaffen, während die Zugabe von Saft die Süße verstärken wird und das Säureniveau anheben. 

Eiscider

Eiscider ist wahrscheinlich das Komplexeste, was wir an gegorenen, lokalproduzierten Getränken ohne Zugaben in Norwegen haben. Im Moment gibt es zwei Varianten auf dem Markt: Edel Is-sider und Alde Issider. 

Der erstgenannte enthält ganze 220 Gram Zucker per Liter und Alde 180 Gramm Zucker pro Liter, aber ein Säureniveau von 25,7 Gramm pro Liter – was wahrscheinlich ein Rekord für Norwegen ist. 

Die traditionelle Grenze, um einen Wein als Dessertwein in Europa zu bezeichnen, liegt bei 100 Gramm Zucker pro Liter. Daher herrscht kein Zweifel daran, wie man den norwegischen Eissider am besten trinkt. 

Aber leider ist nicht nur der Zuckerwert ausschlaggebend dafür, welche Speisen man zu einem Cider essen sollte. 

Blauschimmelkäse, der angeblich zum Eiscider passen soll, ist oftmals viel zu dominierend für einen fruchtbasierenden Eiscider. Der Grund dafür findet man in der Komplexität und dem Alkoholgehalt. Der gewöhnlichste Wein unter anderem zum Blauschimmelkäse ist der Dessertwein Sauternes aus West-Frankreich oder Portwein. 

Sauternes hat zusätzlich zur Süße extra Komplexität durch Edelfäule befallenener Trauben. Portwein wurde dagegen extra Alkohol durch die Zugabe von Traubenschnaps zugesetzt, was den Alkoholgehalt des Weines auf ca. 18% anhebt. Das ist fast die doppelte Menge an Alkohol wie beim Eiscider und ist daher auschlaggebend für eine erfolgreiche Kombination. Ein Beispiel ist die klassische Kombination von Portwein und blauem Stilton Käse.

Geschrieben von Ove Svendsen - Sommelier